Slammer.Dichter.Weiter.11 war ein voller Erfolg. Alle Plätze belegt, alle Aufgaben mit Bravour gemeistert. Moritz Neumeier schlüpfte vorübergehend in Norbert C. Kasers Haut und Sebastian 23 nahm sich Gerhard Amanshauers an.
Der Südtiroler N. C. Kaser (1947-1978) versuchte sich nach der Matura als Kapuziner, ging dann nach Wien, um Kunstgeschichte zu studieren, reiste rum (u. a. Norwegen) und kehrte 1971 wieder um und zurück nach Südtirol, wo er sich als Hilfslehrer verdingte und weiterhin der Poesie verschrieb, wie er das seit 1967 zu tun pflegte. Raoul Schrott nannte Kaser einen Querkopf unter Holzköpfen und einen Traditionalisten und Avantgardisten. Das trifft’s ganz gut.
Kasers Konstanten in seinem kurzen Leben: Poesie – Schule – Alkohol;
ad Poesie: von 1967-1970 gab er in Eigenregie 8 Gedichtbände heraus, veröffentlichte in Literaturzeitschriften, Bücher erschienen allerdings erst posthum; 1969 erregte er mit der „Brixner Rede“ über konservative Kulturinstanzen und patriotische Literatur in Südtirol Aufsehen; 1976 erhielt er als erster Südtiroler Autor das österreichische Staatsstipendium für Literatur; Austritt aus der Kirche – Eintritt in die Kommunistische Partei Italiens; 1978 las er gemeinsam mit Joseph Zoderer in der Alten Schmiede; Sein lyrisches Werk ist geprägt von Religiosität, lokale Realitäten und Alkohol;
ad Schule: „die dichterei was soll’s wirkt erst in betagten tagen / das kinderformen zeitigt ergebnisse schon im ersten jahr“, sagte er und verfasste auch eigens für seine SchülerInnen Fabeln, Kurzprosa und Gedichte;
ad Alkohol: Kaser stirbt nach Entzug und Aufenthalt in einer psychiatrischen Anstalt 31jährig an den Folgen einer Leberzirrhose;
Moritz Neumeier rezitierte und beantwortete folgende Gedichte: „Schoene Tage“; „Die Braut“; „Der deutschen Dichtung gesagt“; Als Bonus (und aus Begeisterung) trug er auch noch „Muster II“ vor.
Gerhard Amanshauser (1928-2006) studierte in Graz und Wien, war kurz als Lehrer tätig, entschied sich aber bereits 1955, freier Autor in Salzburg (in der Familienvilla am Festungsberg) zu sein. Bereits 1957 erhielt er den Georg-Trakl-Anerkennungspreis, 1968 erschien sein Debütroman „Aus dem Leben der Quaden“, der Durchbruch gelang ihm mit dem Roman „Schloss mit späten Gästen“ (1975) der auch verfilmt wurde. Amanshauser war immer ein literarischer Eigenbrötler und ein Literaturbetriebsaußenseiter. Ob Erzählung oder Essay, ob Lyrik oder Aphorismen – einordnen ließ sich Amanshausers Werk nicht so einfach. Von 1972 bis 2001 führte Amanshauser Tagebuch (2012 bei Residenz erschienen). Er war auf jeden Fall ein Meister der kurzen Formen und neben satirischen Sammlungen (z. B. „Ohrenwurst aus Österreich (2002)“) erschien 1986 auch ein Band mit dem Titel „Gedichte“.
Daraus hat sich Sebastian 23 den „Tagedieb“ ausgesucht und für sich und das Publikum ausgearbeitet.
Moritz Neumeier fand durch Kaser einen Zugang zu ungereimten Gedichten, Sebastian 23 beginnt vermutlich ein Tagebuch und das Publikum eilt in Buchhandlungen und Büchereien, um sich werke aller vier zu besorgen. So soll es sein, das ist SDW und schön.