Wenn’s am schönsten ist…

Ja, die Veranstaltungsreihe Slammer.Dichter.Weiter. geht zu Ende. Nach zwei Staffeln und insgesamt 28 großartigen Abenden, ist es Zeit, ein neues Format an den Start zu bringen. Am Montag, den 11. Oktober 2021 um 19:30 Uhr in der Alten Schmiede in Wien gibt es aber einen Abschlussabend, der es in sich hat, und der nicht versäumt werden sollte.
Gleich vier Poetinnen, die in den letzten Jahren besonders von sich hören gemacht haben, freuen sich, nochmals ihre Antworttexte vortragen zu können und natürlich nicht nur diese. Mit dabei sind: Anna Hader, Janea Hansen, Barbara Lehner und Sarah Anna Fernbach. Es geht um Gedichte von Georg Kreisler, Heidi Pataki, Andreas Okopenko und Walter Buchebner und natürlich auch um all das, was in den letzten sdw-Abenden passierte. Markus Köhle moderiert und rekapituliert und ihr kommt, freut euch und applaudiert bittedanke5000!

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Katzenkrimi und Schlachthausprosa

Beste Stimmung trotz eingetüteter Mikrophone

Tereza Hossa und Fabian Navarro sind bei sdw 2.9 am Donnerstag, den 15. April 2021 mit einer breiten Textpalette aufgefahren. Von Datingtipps, über das Erwachsenwerden, Langeweile, Einsamkeit, Neuorientierung bis zum Femizid reichten die Text, die auch formal unterschiedlichster Machart waren und dazwischen eben auch noch der Ursprungstext des Katzenkrimis (Miez Marpel wird dann 2022 erscheinen) und famose Schlachthofprosa, da hing Franzis Geruch im Raum, da war das Geräusch zu vernehmen, das typisch für Fleischdurchtrennung ist. Ja, es ging ganz schön tierisch zu. Das hatte auch mit der Auswahl der gewählten Dichter*innen zu tun.

August Ton, Tereza Text, Claudio Stream

Tereza hat sich für Erna Holleis entschieden und auf „In wievielen Jahren“, einem Gedicht aus dem Band „Katze, Katze“ (edition zzoo 2004), eben mit ihrer Franzi-Geschichte reagiert. Fabians Wahl fiel auf Christian Ide Hintzes „Ebenbild eines Gedichts“ (aus „Die Goldene Flut“, Kiepenheuer & Witsch 1987) und ins seinem Auftragstext fragte er sich und uns: Wie soll ich über Gedichte schreiben, wenn sich die Welt so verändert, die Sprach so verändert? Wie soll man*frau überhaupt grad über das Jetzt schreiben? Gute Frage, guter Text.

Johanna (nicht im Bild) Abendleitung, Fabian Text, Markus (nicht im Bild) Moderation

Ide Hintze hätte große Freude gehabt an dem Abend, denn Tereza und Fabian verstehen sich auf Intermedialität. Tereza sorgt mit ihren regelmäßigen Video-Botschaften auf DerStandard.at für Aufsehen und Diskussionen im berüchtigten Standard-Forum, Fabians Poesie-Bot eloquentron3000 ist ein Instagram-Star, beide haben das Digitale nicht nur im kleinen Finger, sondern gut in der Hand uns spielen sich damit. Im Chat wurde fleißig kommentiert und ja, wir haben den virtuellen Applaus gespürt – Danke dafür!

Mit Abstand das beste Foto
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Hossa Navarro!

Es ist nicht alle schlecht in Pandemietagen wie diesen. Die Alte Schmiede nämlich streamt unverdrossen. Das ist schön und so kommt es am Donnerstag, den 15. April 2021 um 19 Uhr zu sdw 2.9. mit Tereza Hossa und Fabian Navarro.
Der Stream wird wie immer schön gewesen sein.

Diesmal standen folgende Dichter*innen zur Auswahl:
Christian Ide Hintze, Joe Berge, Friedrich Achleitner, Erna Holleis, Christine Lavant und Hermann Schürrer. Wer gewählt wurde, wird hier noch nicht verraten.
Hier allerdings ein Blick auf ein paar Buch-Cover.

Und über die Poet*innen des Abends lässt sich sagen:

Foto von David Keusch

Tereza Hossa ist Slam Poetin und Kabarettistin und studiert nebenbei Tiermedizin. In ihren Texten werden sowohl das Schlachten von Tieren als auch das Schlachten des Patriarchats thematisiert. Der Humor, darf ihr nicht abhanden kommen, denn es ist das tragende Stilmittel in ihrer Arbeit. Sie versteht sich auf tiefschwarze Satire ebenso wie auf Spoken-Word-Poetry. Mit Gefühlen kann sie ebenso tierisch gut umgehen wie mit unmoralischen Angeboten. Tereza Hossa ist nicht berechenbar und das ist auch gut so.

Fabian Navarro ist Autor, Slam Poet und Kulturveranstalter (FOMP), hat in Hamburg deutsche Philologie und Philosophie studiert, tritt seit 2008 bei Lesebühnen und Poetry Slams auf, wurde bei den deutschsprachigen Meisterschaften 2017 Vize-Meister, veröffentlichte Texte in Anthologien, der Titanic und der ZEIT. Zuletzt erschienen: „poesie.exe“ (Satyr 2020)„Die Chroniken von Naja“ (Lektora 2017). Sein Projekt „Eloquentron3000″ – ein Bot, der Gedichte schreibt – lässt sich auf Instagram verfolgen.

Foto von TJ Photography
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Sie wollen Herbeck und Weiss lesen

Markus Köhle, Elif Duygu, Elias Hirschl, FFP-2-Masken

Elif Duygu und Elias Hirschl waren die Gäste von Slammer.Dichter.Weiter. 2.8 am Donnerstag, den 4. Februar 2021. Sie haben die Situation, ohne Publikum auftreten zu müssen, bravourös gemeistert. Im Live-Stream wurde fleißig kommentiert – Danke Slamily – es tat trotz allem gut, wieder mal Slam-Texte zu hören und es tat auch gut, zu erleben, was Elif und Elias aus ihrer Aufgabe gemacht haben.

„My poetry tells me things I don’t know.“ R.W.
Elif studiert Englisch, Ruth Weiss kam ihr da sehr gelegen. Ruth Weiss wurde 1928 in Berlin geboren. Ihr Vater war Wiener, 1933-1938 lebte sie in Wien, im 9. Bezirk, musste dann flüchten, es gelang ihr über Holland in die USA zu gelangen. Von New York ging es weiter nach Chikago. Dort trat sie in den 1950er Jahren mit Jazzern auf und prägt die Stilrichtung Jazz-Poetry. Sie war eine Beat-Poetin, eine Vorläuferin, eine Wegbegründerin für das, was wir heute unter Spoken-Word-Poetry verstehen. Sie suchte Wien erst 1998 wieder auf, dann aber regelmäßig, unterrichtete u. a. an der Schule für Dichtung, trat auch in hohem Alter noch mit Musikerinnen und Musikern auf. „Ich bin zu beschäftigt, um alt zu werden“, sagte sie mit 79, verstorben ist sie im letzen Sommer in Kalifornien (2020). Elif wählte ein Gedicht, das Weiss mit 85 schrieb, um darauf mit „Me at 22 in 2021“ zu antworten und gleichzeitig die Frage zu stellen, wie es jetzt weiter gehen soll in ihrem Leben und generell.

Elif ließ sich auch bei ihrem letzten Text des Abends von Lyrik inspirieren und zwar vom Gedicht „Istanbul Dinliyorum“ (Ich höre Istanbul zu) von Orhan Veli. Elif beginnt ebenfalls in Istanbul, um dann ganz in Wien anzukommen und Wien gehörig abzuhorchen. Womit wir beim Sound einer Stadt angelangt wären. „I had to learn englisch by sound“, sagte Ruth Weiss und: „If I work with music I use my voice like an instrument.“

„Die Blase ist ein Instrument des Herrn!“, ist ein Zitat von Ernst Herbeck (1920-1991). Den hat Elias Hirschl gewählt, da er schon im Museum in Gugging war, aber sich noch nie mit den Gugginger Autoren beschäftigt hatte. Ernst Herbeck hat 45 Jahre in der Landesnervenheilanstalt Gugging verbracht und sein Arzt Leo Navratil hat das Haus der Künstler gegründet und u.a. Ernst Herbeck zum Schreiben angeregt, einen Dichter auf Zuruf aus ihm gemacht. Das lief so ab. Navratil gab den Titel vor und Herbeck schrieb. Er nannte sich Alexander und legte Wert auf Kürze sowie einen guten Anfang und Schluss.

„Meine Eigenart! / Ist in Buchform und eigentlich / kann ich mich gar nicht erinnern!“, schreibt er. Tänzeln und gewunden schreibe er, schrieb W.G. Sebald über Herbeck. Verhatscht und gleichzeitig manieriert kann man auch sagen. Jedenfalls aber öffnen sich immer wieder große Poesieräume, klappen die Texte auf ins Ungreifbare. Das ist schön und komisch. Clemens J. Setzt würdigt Herbeck in „Die Bienen und das Unsichtbare“ und hebt hervor, dass dessen Texte oftmals an Texterkennungsfehler von Software erinnern. Demgemäß findet Elias Hirschl seinen Zugang zum Weiterschreiben von Herbecks Arbeiten im Internet. Es entstehen Suchanfrag-Collagen und schließlich auch eine eigenartige Utopie, ein Raum, in dem die Sprachgesetze neu geschrieben wurden. Was halten Sie von Dichtung? „Sie ist nur vorübergehend beim Menschen.“, wusste Herbeck schon seinerzeit.

Ein toller Abend. Der neugierig auf Ruth Weiss und Ernst Herbeck machte. Der Lust auf Slam Poetry und Publikum im Allgemeinen machte und an dem uns Elif Duygu und Elias Hirschl zeigten, wie bunt Spoken-Word und Slam-Poetry gegenwärtig ist. sdw-Host Markus Köhle ist sehr zufrieden.

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Elif Duygu und Elias Hirschl bei sdw. 2.8

Am Donnerstag, den 4. Februar 2021 um 19 Uhr treffen Elif Duygu und Elias Hirschl in der Alten Schmiede aufeinander, um auf Texte von Dichter*innen zu antworten, die hier noch nicht verraten werden. Aber zur Auswahl standen: Max Riccabona, Ernst Herbeck, Hertha Kräftner, Ruth Weiss, Christine Lavant und N. C. Kaser.
Publikum vor Ort ist leider nicht erlaubt, aber der Stream wird schön gewesen sein.

Elif Duygu war 2019 U20-Poetry-Slam-Meisterin von Wien, Niederösterreich und Burgenland, nahm 2019 an den deutschsprachigen Poetry-Slam-Meisterschaften in Berlin teil, trat beim Donauinselfest und beim TEDxVienna auf und bereichert die hiesige Slam-Szene mit berührenden, feinfühligen und immer auch gesellschaftskritischen Spoken-Word-Poetry-Beiträgen.

Elias Hirschl war 2014 Ö-Slam-Meister, ist aktueller Priessnitz-Preisträger, musiziert, slammt, schreibt Romane. Zuletzt erschienen: Die Slam-Text-Sammlung „Glückliche Schweine im freien Fall“ (Lektora 2018) und der Roman „Hundert schwarze Nähmaschinen“ (Jung & Jung 2017). Im Herbst 2021 wird sein neuer Roman erscheinen.

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Das kann Kunst, Slam und Rap!

Die letzte literarische Veranstaltung in der Alten Schmiede im Jahr 2020 war ebenso besonders, wie es die Bedingugen waren. Sarah Anna Fernbach und Parkwaechter Harlekin traten im Rahmen von „Ist das Kunst oder kann das Rap?“ (kuratiert von Mieze Medusa) bei Slammer.Dichter.Weiter. 2.7 an und so schaute das aus:

Sarah Anna Fernbach hat sich für „Lamentationen (2)“ von Andreas Okopenko entschieden. Einem 1950 geschriebenen Gedicht, dem sie mit einem Text über das Sudern antwortete. Der Winter, diverse Lasten und die Vorlage waren klar erkennbar und dennoch entstand etwas ganz Eigenens, Neues. So soll es sein und so machte es auch Parkwaechter Harlekin. Er wählte die Rede von Christine Nöstlinger, die sie 70 Jahre nach der Befreiung von Mauthausen 2015 im Parlament gehalten hatte und personalisierte und aktualisierte diese auf seine Art. Es ging um Alltagsrassismus und die neuen Formen davon und wurde ein eindeutiger Slam-Poetry-Text.

Beide meisterten die erschwerten Bedingungen – kein Publikum, kein Motivationsapplaus, kein Response – vorbildlich und wurden dafür vom Markus Köhle mit Vorstellungen bedacht, die bleiben und hier auch stehen sollen:

Sarah Anna Fernbach

(Slammt seit 2016, war Ö-Slam-Siegerin und Deutschsprachige U20-Meisterin 2018, Homeslam: Solaris, Linz)

Wenn die Slamily ein Textstrom mit Familienanschluss ist, was sie ist, dann hat sie mit SAF in den letzten Jahren eindeutig eine Bereicherung in Form eines stillen, fröhlich quellenden, tiefen Wassers erfahren, das eine prickelnde Mischung aus Lisa Simpson und Wilheml Busch ist. Alles, was wir alle kennen, macht SAF zum Thema. Alles, was wir vermeintlich alle kennen und deshalb gar nicht mehr hinterfragen, macht SAF zum Thema und seziert und analysiert es. Macht also mehr draus, als wir uns alle vorstellen können. Potenzielle Themen: Schlafen, Duschen, Schokolade.
Oder aber auch nachbarschaftliche Beziehungen und schlampiger Sprachgebrauch. Was SAF behandelt, ist im besten Sinne erledigt. Das ist idealtypische Aufklärungsarbeit und sprachskeptisch noch dazu.
Alles was Sie schon immer über – hier Thema nach Wahl einsetzen – wissen wollten, SAF weiß es und weiß es auf einzigartige Art und Weise in einer Detail-Fülle zu präsentieren, die überwältigt und ob des sprachlichen Charmes und der dosierten Verschmitztheit wohlig einwickelt.
Was da gerne oft mit einer einfachen Einleitung im Dialekt daher kommt, ist eine perfekte Underestatment-Inszenierung, die sich langsam aber unaufhaltsam und unwiderstehlich hoch fährt.
SAF mixt Metren, lässt auf Endlossatz-Prosa-Passagen Monsterwort-Ketten folgen, setzt Wortspiel-Pointen oder Publikumsfragen kalkuliert und mit Feingefühl. Zwischendurch wird das Tempo hochgepitcht und dann wieder dramatisch verlangsamt. Sie gibt uns Leine und holt uns dann wieder ganz an sich heran. Einfach weil sie’s kann. Stimmarbeit heißt bei SAF nicht nur Sprachrhythmisierung sondern mitunter auch Melodieführung. Klar, wird auch zitiert, klar werden popkulturelle Einflüsse eingearbeitet.
SAF kennt ihr Publikum und weiß es zu bedienen. Sie stellt Kontakt mit dem dem Gegenüber her, als wär es keine Kunst. Sie baut eine Identifikationsfigur auf, die wiederum nicht überhöht sondern eben eindeutig mit Understatement versehen wird und wenn sie einen – uns – dann vollends hat, dann wird losgelegt. Dann zieht SAF alle Register der Reim- und Wortspielkunst: dann reimt sie kreuz-und-kehr und ketten-und-schweif, dann jambt und jandelt sie, dann anapästet und buscht sie. Dann wird ein Thema bis zum absoluten Worterbrechen erschöpfend behandelt. Sodann fährt SAF die Sympathien aller ein und den Text heim, bis zum letzten Endreim.

Parkwaechter Harlekin

(Alben: Liebe (2010), Die Unentschlossenheit der Türen (2013), Zum Fleiß (2016) ProblembaerRecords; Der Vollstaendigkeit Halber (2020) wolkenvorhang)

PH macht keine explizit Lyrics, er macht implizit Lyrics, Lyrics mit Subtext. Er kommentiert Phänomene der Zeit, macht das aber poetisch verklausuliert. So erhöht er die Ereignisse, enthebt sie dem Kontext und macht sie dadurch zeitlos und allgemein gültig. Das klingt nach brechtschem Verfremdungseffekt und Brecht steht PH gut. Denn PH hat Haltung und Anspruch.
„Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“ schreibt BB und PH schreibt gegen jene an, die sich durch das Verbreiten ihrer Lügen zu populären Figuren machen, anstatt dass sie als Verbrecher erkannt werden.
PH legt den Finger in die Wunden der Gesellschaft und das Ohr gleich mit drauf, denn PH hört sie raus, die Unstimmigkeiten im gegenwärtigen Gesellschaftskanon, der immer wieder geprägt ist von heuchlerischer Politik, Augenauswischerei und Schulterschluss.
Wenn Österreich ein Park ist, dann hat es in und mit Parkwaechter Harlekin einen besseren Wächter aka Kommentator verpasst gekriegt, als es verdient. Dass ein Österreich-Kommentar aus dem Untergrund respektive dem Keller kommen muss, ist klar. Diese politisch-poetisch wabernde Kelleratmosphäre zu erzeugen, darin versteht sich PH musikalisch und textlich. Es rumpelt in der Kellerkiste. Der generelle Düstertouch ist mehr in den Beats daheim, wird aber schon auch durch die originelle Stimmarbeit vermittelt. Die Beats verteilen mehr Gnackwatschen als das Arrangement Streicher-Streicheleinheiten. Dass das auch nackt respektive acapella funktioniert, wird bewiesen werden.
Schnelle Eingängigkeit ist nicht das Ziel, eher momentane Überforderung. Die gerne lyrisch überbordenden Texte laden zum Mehrmalhören ein, nein, sie zwingen zum Mehrmalhören, weil man mehr verstehen will und immer an etwas Neuem hängen bleiben kann. Das ist eine große Qualität. Als Gegenstück zur Zeilenopulenz werden immer wieder Endloswiederholungen serviert und zwar brillantpenetrante Refrainzeilen wie zum Beispiel: „Statt den Worten die wir sagen wollen, sagen wir ihr nur die Worte, die wir glauben, die wir sagen sollen.“ Damit ist das Dilemma der Beziehungskommunikation auf einen Satz und auf den Punkt gebracht. Und außerdem erwähnt, dass es schon auch einfach mal nur um Liebe gehen kann. Womit wir wieder beim ersten Albumtitel angelangt wären. „Man kann die Wahrheit nur mit List verbreiten.“, schreibt Bert Brecht. PH hat sie, die List. PH ist list- und lustvoll im Umgang mit Musik und Sprache und gehört nicht nur gehört, sondern auch gelesen.

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Ist das Kunst oder kann das Rap?

Parkwaechter Harlekin geht in sich und kommt mit neuen Texten demnächst in der Alten Schmiede ganz aus sich raus (Foto: David Visnjic)

Mieze Medusa hat einen Hip-Hop-Schwerpunkt für die Alte Schmiede programmiert und ein Teil davon wird auch ein Slammer.Dichter.Weiter.-Abend sein. Am Donnerstag, den 17. Dezember 2020 um 19 Uhr stellen sich Sarah Anna Fernbach und Parkwaechter Harlekin der Eingangsfrage bzw. der sdw-Aufgabe. sdw2.7 unterscheidet sich nicht wesentlich von bisherigen sdw-Abenden.
Parkwaechter Harlekin kann Rap und war vielleicht noch nicht auf einer Poetry-Slam-Bühne sehr wohl aber bei Lesungen zu sehen.
Sarah Anna Fernbach ist definitiv rap-sozialisiert und ihre Words per Minute toppt wohl kaum wer – egal ob in der Slam- oder Rap-Szene. Wie immer gilt: Im Vorfeld werden die Geladenen mit je drei AutorInnen-Namen konfrontiert, dürfen sich einlesen, was aussuchen, dieses dann live performen und irgendwie darauf antworten.
Diesmal standen zur Wahl:
Joe Berger, Andreas Okopenko und Ruth Weiss (für Sarah Anna Fernbach)
und Christine Nöstlinger, Hermann Schürrer und Huckey (für Parkwaechter Harlekin).
Markus Köhle moderiert, stellt die Akteure und Impulsgeberinnen des Abends vor und das Ganze wird natürlich gestreamt. Dabeisein erwünscht!

Sarah Anna Fernbach schaut in die nahe Ferne ist also quasi looking forward to sdw 2.7 (Foto: privat)

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Frühling im Herbst

Das Jahr 2020 ist sehr speziell, das wissen wir. Schon am 25. Mai hätten Janea Hansen und Emil Kaschka sdw 2.6 bestreiten sollen, allein Corona hatte was dagegen. Na dann halt im September und zwar in zwei Etappen. Am Dienstag, den 8. und Donnerstag, den 9. wurde einiges nachgeholt, was im Frühjahr leider nicht möglich war.

Foto by Celine Vögel

Emil Kaschka eröffnete also die Herbstsaison und zwar mit einem eingedampften sdw-Programm.
Emil Kaschka hat einen raketenartigen Start auf Österreichs Bühnen hingelegt. Wie kein Zweiter hat er sich binnen kürzester Zeit durch alle Line-Ups und in sämtliche Herzen gedichtet. Mit poetischen Sichtweisen auf alltägliche Dinge und unwiderstehlichem Charme, weiß er sein Publikum mit auf Reisen zu nehmen. Der Drittplatzierte der Österreichischen Meisterschaft 2019 kommt aus Pfaffenhofen in Tirol und wird ab Oktober Wiener sein.

Emil hatte die Wahl: Gert Jonke, Otto Grünmandl oder Hermann Schürrer und entschied sich für den Landsmann.

Janea Hansen ist Autorin, Slam Poetin, Moderatorin, Kulturveranstalterin und studierte Theater-, Film- und Medienwissenschaftlerin. Unter anderem arbeitet sie im Veranstaltungskollektiv FOMP und betreut als Veranstalterin die Lesereihe AnnoLiteraturSonntag und den U20 Poetry Slam im Dschungel Wien. Weitere Infos unter: www.janeahansen.wordpress.com

Foto by Benjamin Thomes

Janea hatte die Wahl: Hertha Kräftner, Christine Lavant oder Georg Kreisler und entschied sich für den Unvergleichlichen am Klavier, den Texter, Dichter, Unikum.

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Erklär mir, was tat ich?

Zwei ganz Große der Nachkriegsliteratur wurden ausgewählt von Tanasgol Sabbagh und Lukas Hofbauer. Zwei Autorinnen, die einige Gemeinsamkeiten haben und jeweils einzigartige Werke in den Bereichen Lyrik, Prosa und Hörspiel hinterlassen haben. Sie seien beide kurz anhand von Zitaten vorgestellt:

Lukas Hofbauer antwortet auf Ingeborg Bachmann

„Ich habe aufgehört, Gedichte zu schreiben, als mir der Verdacht kam, ich ‚könne‘ jetzt Gedichte schreiben, auch wenn der Zwang, welche zu schreiben, ausbliebe. Und es wird eben keine Gedichte mehr geben, eh’ ich mich nicht überzeuge, daß es wieder Gedichte sein müssen und nur Gedichte, so neu, daß sie allem seither Erfahrenen wirklich entsprechen.“

Sagte Ingeborg Bachmann über das Gedichte-Schreiben. Mit „Die gestundete Zeit“ (1953) und „Anrufung des großen Bären“ (1956) hat sie der Literatur allerdings zwei bleibende Lyrik-Bände beschert. Selbst sah sie sich eher als Prosa-Autorin, Gedichte schienen ihr „nur Ausrede für Arbeit“. Der Roman „Malina“ (1971) und der Erzählband „Simultan“ (1972) sollten hier zumindest erwähnt werden. Erwähnt soll auch werden, was Eva Menasse über Igeborg Bachmann schrieb:

Ingeborg Bachmanns Humor, ihre Begabung zur Freundschaft, ihre Vielsprachig- und Weltläufigkeit, ihre Lust an Inszenierung, an Weiblichkeit und Intellektualität uns schließlich die enorme Kraft, die von ihrer Persönlichkeit ausging, können offenbar erst jetzt richtig entdeckt werden.

Bachmanns Humor kann unter anderem in ihren Essays (zum Beispiel im Beitrag „Die wunderliche Musik“) entdeckt werden. Lukas Hofbauer hat sich allerdings für einen Bachmann-Klassiker entschieden: „Erklär mir, Liebe“ Lukas erklärte in Rezeptform und bat zu Tisch.

Nicht minder bedeutend die Autorin, die sich Tanasgol Sabbagh ausgesucht hat. Ilse Aichinger schrieb mit „Die größere Hoffnung“ (1948) einen Roman, der unerreicht bleibt. Während andere noch jahrelang nach einer richtigen Sprache suchten, hatte sie sie schon gefunden und wie. 52 Jahre später sollte sie dann eine Viennale-Tagebuch führen, das zu einer Kolumne im Standard wurde und unter „Journal des Verschwindens“ vielleicht noch einigen ein Begriff ist. Da (im Teil IV des Viennale-Tagebuchs) schrieb sie:

Tanasgol Sabbagh nahm sich „Mir“ von Ilse Aichinger an

Wie sagt man: Zuerst die gute Nachricht? Oder doch viel lieber zuerst die schlechte? Mein Bild von Deutschland war lang, ehe ich es kannte, die gute Nachricht. Die nördlichen Gegenden ermutigten mich auf der Landkarte. Vor allem war ich auf dieser Kinderlandkarte Ostpreußen verfallen, „Namen, die keiner mehr kennt“. Eben deshalb. Es kam mir vor, als wäre dort selbst das Wetter ehrlicher und keinesfalls tückisch. Ich hätte mir dieses Deutschlandbild so wenig nehmen lassen wie die Freude auf den Ferienbeginn und während der Ferien die Freude auf den Schulbeginn. Dass zu Deutschland auch Castorp-Rauxel und Wuppertal-Elberfeld gehörten, strich ich schon, ehe ich davon wusste. Es war anders als Österreich, offener. Ich sah den Heldenplatz in der Realität, und den im Burgtheater. Die Realität war um einiges schlimmer. Und ich konnte mir einen solchen Heldenplatz in Berlin, Hamburg oder Köln nicht vorstellen.

Auch Aichinger hatte also Humor, wenngleich sie eher mit Aussagen auffiel, die so klingen: „Ich habe es immer als eine Zumutung empfunden, dass man nicht gefragt wird, ob man auf die Welt kommen will. Ich hätte es bestimmt abgelehnt.“
Tanasgol hat das Gedicht „Mir“ aus „Verschenkter Rat“ (1978) ausgesucht. Einer Gedichtsammlung aus zwei Jahrzehnten, die auch noch immer lesbar ist. Diese Gedichte altern nicht, sie veredeln sich eher. „Was tat ich?“ wird in der letzten Zeile von „Mir“ gefragt. Tanasgol gab Antwort. Ein Abend, der Lust auf mehr Bachmann, Aichinger, Hofbauer und Sabbagh machte.

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slammer.dichter.weiter. 2.5 am 20. Jänner 2020

Das neue Jahr hat eine ganz besonderes Aufeinandertreffen zu bieten. Bei slammer.dichter.weiter. 2.5 am Montag, den 20. Jänner 2020 sind Tanasgol Sabbagh (aus Berlin) und Lukas Hofbauer (aus Graz) zu hören und sehen. Markus Köhle hat sie wie immer im Vorfeld mit je drei Dichter*innen konfrontiert. Für wen sich die zwei Poet*innen entschieden haben, ist vor Ort zu erfahren. Lasst euch das nicht entgehen. Eintritt frei. Beginn: 19 Uhr in der Alten Schmiede in Wien.

Lukas Hofbauer (Foto von Pia Schulz) steht seit 2015 auf Slam Bühnen. Er war 2016 U20-Ö-Slam-Vizemeister, 2019 im Finale des Ö-Slams, kommt aus Klagenfurt, lebt ihn Graz, studiert dort noch, slammt aber mehr und mehr und kümmert sich um Slam-Szene-Arbeit in Kärnten und der Steiermark. Auf der Bühne ist er mal Sprachrohr der Generation Y, mal lyrischer Handwerker aber immer eine starke, eigenständige Spoken Word Stimme.

Tanasgol Sabbagh (geb. 1993 in Amol, Iran; Foto von Ken Yamamoto) bereichert die Poetry Slam Szene seit 2011. Sie machte ihren Bachelor in Orientwissenschaft mit dem Schwerpunkt Politik und beschäftigt sich in ihren Texten häufig mit sozialen und gesellschaftlichen Missständen wie Sexismus und Rassismus, zu denen sie immer einen persönlichen Bezug herstellt. Derzeit lebt und schreibt sie in Berlin und ist Stammautorin der Lesebühne „Parallelgesellschaft“.

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