Wahrnehmungserziehung und Werkbewusstsein

DSC00112Slammer. Dichter. Weiter. 15 fand am Dienstag, den 6. Mai 2014 in der Alten Schmiede statt und lockte – trotz großer Konkurrenz (Judith Butler in Wien) zahlreiche Slam- und Lyrik-Fans an, die auf ihre Kosten kamen und Stefan Dörsing aus Wetzlar und Christian „Schreibi“ Schreibmüller aus Wien Neubau zu hören bekamen.

DSC00096Der Gast aus Mittelhessen hatte die Wahl zwischen Gerhard Fritsch, Max Riccabona und Ingeborg Bachmann und hat sich für den Lyrik-Superstar der 1950er Jahre entschieden.
„Was aber möglich ist, in der Tat, ist Veränderung. Und die verändernde Wirkung, die von neuen Werken ausgeht, erzieht uns zu neuer Wahrnehmung, neuem Gefühl, neuem Bewusstsein.“ Ingeborg Bachmann (Poetikvorlesung)
Ingeborg Bachmann wurde 1926 in Klagenfurt geboren, studierte in Wien, Graz, Innsbruck, promovierte über Haidegger, arbeitete als Rundfunkredakteurin, viel 1946 mit ersten Veröffentlichungen auf, gewann 1953 den Preis der Gruppe 47, sodann erschien „Die gestundete Zeit“ und es regnete Preise. 1956 folgte „Die Anrufung des großen Bären“. Beliebt und ebenfalls ausgezeichnet waren auch ihre Hörspiele. Z. B. „Der große Gott von Manhatten“ (!958).
DSC001061959/60 hielt sie die Frankfurter Poetik Vorlesungen, 1961 folgte der Prosaband „Das dreißigste Jahr“, 1971 der Roman „Mailina“ und 1972 der Kurzgeschichtenband „Simultan“. 1973 starb sie an den Folgen eines Brandunfalls in Rom.
Ingeborg Bachmann litt an der Welt und verzweifelte an der Lieb- und Sprachlosigkeit. Ihre Themen waren: Liebe, Tod, Empfindsamkeit. Ihre Lyrik eine sensible Transkription eines tragischen Lebens.
Stefan Dörsing hat sich für die sehr frühen Gedichte „Die Welt ist weit“ und „Fall ab, Herz“ entschieden, die er als Pro- und Epilog seines Textes verwendete und dabei alle drei Teile zum Glänzen brachte.

DSC00110Schreibi entschied sich nicht für Michael Guttenbrunner, nicht für Bernhard C. Bünker sondern für den Vielschreiber Günter Brödl (1955-2000). Seit den 1970er Jahren war Brödl als Musikjournalist und Autor tätig, arbeitete u. a. in der Musicbox-Redaktion, schrieb Kolumnen, Stücke, Romane, Musical (gar ein Bluesical), Texte für Musikerinnen und erfand den Ostbahn Kurti, dem er eine fiktive Bio- und Discografie andichtete und schon zur Legende machte, bevor die Figur mit Willi Resetarits die ideale Verkörperung fand.
Brödl transponierte die amerikanische Welt ins Österreichische, Wienerische. Er übersetzte nicht nur Rock-Klassiker sondern auch Asterix-Bände ins Wienerische, führte den Ostbahn-Kurti auch als Helden in eine Krimi-Reihe ein und produzierte am laufenden Band. Schreibi hat „Vata Mutta Kind“ und „“Waunn ses mia 2 gebn“ aus dem Band „Ostbahn Auslese“ (1998) zum besten gegeben und mit seiner „Oidn supasaua“ darauf geantwortet.

Danach haben die beiden noch einige Texte aus ihrem Repertoire gezupft und für einen denkwürdigen Abend gesorgt, der wie immer in der Wunderbar ausführlich nachbesprochen wurde.
Ach ja, der STANDARD hat uns brav angekündigt: DSC00079

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.